„Man lernt Fußball nur durch Fußball“, kommt Trainerlegende Otto Rehhagel gewohnt schnell auf den Punkt. Das Gründungsmitglied der Essener Chancen ist der erste prominente Bolzplatz-Pate und weihte am gestrigen Mittwoch den „Affenkäfig“ im Stadtgarten ein. Der Bolzer erinnert den Europameister an seine eigenen bescheidenen Anfänge: „Es hat keine praktischen Anweisungen gegeben, nur die Freude am Spiel: So haben wir Fußball gelernt!“
Im Käfig kicken gelernt
Da rennt der 78-Jährige bei Prof. Dr. Michael Welling, 1. Vorsitzender Rot-Weiss Essen und Essener Chancen, offene Türen ein: „Mesut Özil hat im Käfig kicken gelernt – der ist Weltmeister geworden!“ Als Konkurrenz zu Vereinen sieht der „Doc“ die Bolzer nicht, ganz im Gegenteil: „Wir haben alle genauso auf der Straße angefangen“, weiß Welling, „deshalb wollen wir den Rotzigen mit der Aktion die Chance geben, auch mal ohne Trainer, Lehrer oder Eltern spielen zu können.“
Die Grüne Hauptstadt 2017 engagiert sich ebenfalls im Projekt, um Freizeitgestaltung an der frischen Luft zu fördern und Bolzplätze wieder attraktiver zu machen: „Spielen heißt draußen sein, heißt sich bewegen. Die Jugendlichen haben eine Alternative, anstatt einfach nur zuhause vor dem Computer zu sitzen“, erklärt Ralph Kindel, Organisatorische Projektleitung Grüne Hauptstadt 2017. Das sehen Dr. Oliver Bruder und Prof. Dr. Heinrich Wieneke, Chefärzte des Contilia Herz- und Gefäßzentrums, genauso: „Gerade in einer Großstadt wie Essen sind Bolzplätze ein wichtiges Bewegungs-Angebot an Kinder und Jugendliche. Nach der Schule raus auf den Bolzplatz, Freunde treffen und Fußball spielen – das war als Kind einfach herrlich.“ Im Rahmen von „1000 Herzen für Essen“, einer Sozialinitiative des Contilia Herz- und Gefäßzentrums, werden die Bolzplatz-Paten mit 10.000 Euro unterstützt.
Wichtigste Säule: die Jugendlichen
Bevor Otto Rehhagel als erster Bolzplatz-Pate mit seinem Anstoß die Anlage in Betrieb nahm, hatte er für die beiden Premieren-Mannschaften noch eine Lektion über Fairness auf Lager. Hinterher mischte „Rehakles“ sich unters Volk, gab Autogramme und den einen oder anderen guten Ratschlag. Zahlreiche Gäste waren zur Eröffnung gekommen, tanzten zur Musik des mobilen DJs oder ließen den Nachmittag gemütlich mit einem Würstchen vom Grill ausklingen, den die Veranstaltungstechniker der Jugendberufshilfe am Laufen hielten. Das jugendliche JBH-Team hat einen Großteil der Veranstaltung vor Ort professionell aufgebaut und begleitet.
Parallel traten im Turnier sieben Mannschaft gegeneinander an. Die Teams aus Jugendzentren, Geflüchteten und aus dem Bezirk waren über Mitarbeiter der Aufsuchenden Jugendarbeit der JHE rekrutiert worden. Die Streetworker werden in Zukunft auch Paten des Platzes sein, als Mediator zwischen Jugendlichen, Anwohnern und Politik fungieren. „Neben den Streetworkern sind die wichtigste Säule allerdings die Jugendlichen selbst“, erläutert Arndt Wrona, Fachbereichsleiter der Jugendhilfe Essen. Über kurz oder lang sollen sie eigenständig die Verantwortung für den Ort übernehmen: „Die Jugendlichen wollen sich für konkrete Dinge engagieren und sagen: Hier, das ist mein Bolzplatz.“
Anstoß für die Bolzplatz-Paten!